Entstehungsgeschichte

 Bericht von Dr. Michael Bangert zur Stammesgründung

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Seit dem Herbst 1986 war ich als Vikar in der Pfarrgemeinde St. Ambrosius in Ostbevern tätig. Nach einer ersten Be­standsaufnahme der Gemeinde­situation – näher hin der Lage der Kinder- und Jugendarbeit – stellte sich die Frage, in welcher Weise man die große Anzahl von interessierten Kindern und Jugendlichen organisatorisch erfassen und zu guten Gruppen zusammenführen könnte. Für mich war eines der Hauptmotive das Faktum, dass es einen übermäßig hohen Druck auf die Messdienerschaft gab; d.h., sehr viele Kinder wollten gerne Messdiener sein und an den entsprechenden Gruppen teilnehmen, weil es keine wirklich interessanten Alternativen gab. Zudem gab es den Plan, Mädchen den Zugang zum Ministrantendienst zu ermöglichen, was zu einer weiteren Überlastung der Messdienerschaft geführt hätte. Die vor dem gut funktionierende Jugendarbeit des Roten Kreuzes war in dieser Phase auch in eine gewisse Krise geraten. Da in die Messdienerschaft eigentlich keine zusätzlichen Ministranten in größerer Zahl aufgenommen werden konnten, musste eine Alternative gefunden werden. Die Landjugend bot sich als Alternative nicht an, da sie sich in ihrer Arbeit auf ein älteres Klientel bezieht. Auch die offene Jugendarbeit konnte den Bedarf nicht abdecken. Auch die bestehenden Mädchengruppen, die über eine intensive Gruppenarbeit verfügten, wären mit einem großflächigen neun Arbeitsfeld einfach überfordert gewesen. So überlegten wir auf verschiedenen Ebenen – Pfarrgemeinderat, Seelsorgeteam, Gruppenleiterrunde – welche Alternativen sich für unsere Gemeinde ergeben könnten. Am Ende der Überlegung stand, dass wir auf jeden Fall ein neues Feld erschließen müssten, das die bestehenden Gruppen und Verbände in ihrem Bestand.

Wir hatten damals zwar an vielen Punkten ein nachhaltiges Interesse gespürt, konnten allerdings den genauen Umfang dieses Interesses nicht exakt ermessen. Es war nicht absehbar, in welcher genauen Zahl sich Kinder und Jugendliche für diese Arbeit melden würden. Zudem war noch fraglich, auf welches Interesse bei den Eltern eine neue Organisation bzw. ein neuer Verband stoßen würde. 

Als eine qualifizierte Möglichkeit für die Jugendarbeit auf dem Lande kam sehr bald die DPSG in den Blick. Wir erwarteten eine sozial orientierte, ethische fundierte und auf die Schöpfung ausgerichtete, naturnahe Jugend- und Kinderarbeit. Mit unseren Überlegungen gingen wir sehr vorsichtig zu Werke, um die bestehenden Gruppen nicht zu verunsichern. Durch den wachsenden Kontakt zum Collegium Johanneum, Schule, wie Internat, wurde uns sehr bald klar, dass dort der Gedanke zur Gründung eines Pfadfinderstammes auch vorhanden und sogar schon sehr viel weiter fortgeschritten war. Im übrigen gab es an der Loburg von einem ehemals dort bestehenden Pfadfinderstamm noch gute Ausrüstungsbestände. Nachdem wir intensiven Kontakt miteinander aufgenommen hatten, war uns klar, dass wir gute Partner füreinander wären und das gemeinsame Projekt eines Pfadfinderstammes auch als gute pädagogische Perspektive anzusehen wäre. Das Inseldasein der Loburg und vor allem Internatsschüler würde damit an einer Stelle zumindest ein wenig aufgehoben werden. Wir begannen nun mit den Vorbereitungen für eine Stammesgründung; dazu gehörte, u.a. das Suchen und Finden von Gruppenleitern, die Festlegung des Stammesnamens, die pädagogische Ausrichtung und die räumliche Anbindung. Ein Problem ergab sich ohne Frage dadurch, dass die Räume im Pfarrheim der Gemeinde bereits völlig überlastet waren. Es galt also, eine gute Lösung der Raumfrage zu finden. Zunächst blieb es bei folgender Entschließung, dass das Material und die Ausrüstung an der Loburg gelagert werden sollten. Diese Phase war von großer Arbeit, vielen Treffen und auch manchen Schwierigkeiten gekennzeichnet. Robert Bömmelburg und auch Andreas Weber haben in dieser Phase wirklich sehr viel Einsatz in dieses Projekt gesteckt.
Wir nahmen selbstverständlich auch Kontakt auf zu der Bezirksebene der DPSG und auch zur Diözesanleitungsebene. Diese Erfahrungen allerdings waren nicht besonders glücklich. Wir wurden ein wenig „von oben herab“ behandelt. Wir sollten zunächst eine „Siedlung“ des Stammes in Telgte sein. Nachdem wir aber unsere erste Werbeaktion für die Kinder und Jugendlichen durchgeführt hatten und sich herausstellte, dass bei dem ersten Treffen über 120 Interessierte gekommen waren und wir damit ungefähr acht mal so groß waren, wie der Stamm in Telgte, ergaben sich doch Fragen nach der Berechtigung dieser Konstellation. Auch die eingeladene Diözesanleitung konnten nur sehr eingeschränkt hilfreich wirken. So waren wir bei der inneren und äußeren Konzeption des Stammes sehr auf die Erfahrung einzelner Mitglieder mit der Pfadfinderarbeit angewiesen. Einige Leiter hatten bereits in anderen Gemeinden in der DPSG gearbeitet und verfügten über ein gutes und fundiertes Erfahrungsmaterial. Diesen Schatz haben wir in vielfacher Hinsicht einsetzen können. Es gab bisweilen auch Schwierigkeiten mit der pädagogischen Ausrichtung, da sich gerade am Anfang die Frage stellte, was die Pfadfinderschaft von anderen Kinder- bzw. Jugendgruppen unterscheide.

Im Herbst 1985 kündigten wir an, dass es einen Pfadfinderstamm in Ostbevern geben solle. Im Frühjahr 1986 begannen wir mit der Werbung für dieses Projekt. Den Erfolg dieser Werbung hatten wir vollständig unterschätzt. Die zu dem entsprechenden Stichtag erschienenen Kinder waren von der zur Verfügung stehenden Menge an Leitern gar nicht zu bewältigen. Es muss aber ohne Frage festgehalten werden, dass diese erste Leitergeneration in dieser Phase wirklich Großartiges geleistet hat, da schlussendlich alle Kinder in Gruppen aufge­nommen werden konnten. Eine Anfangszeit ist oftmals und auch verständlicher Weise von Improvisationen geprägt; nicht anders war es auch bei der Gründung des Pfadfinderstammes in Ostbevern. Aber gerade das machte eine große Freude und forderte Kreativität heraus. Auch die ersten Lager, die wir durchführten (das erste fand auf dem Schützenplatz in Milte statt), waren stark von Improvisationen und fehlender Tradition geprägt. Wir konnten eben nicht sagen: „Wir machen es, wie letztes Jahr!“ Allerdings bildeten sich diese Gewohnheiten.


Einen sehr respektablen Verdienst bei dem Aufbau des Stammes haben auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen gehabt. Viele Väter und Mütter waren bereit, das Projekt tatkräftig und auch finanziell zu unterstützen. Die Elternvertreter haben mit überlegt und geplant. Ohne
sie wäre dieses ungewönlich große Projekt sicher nicht zustande gekommen